Alte Kirche und Kreuzkirche Stuttgart-Hedelfingen
  Kreuzkirche · GESCHICHTE
 
 

 

 

 

Neue Kirche in Hedelfingen

Nach über 150 Jahren nicht verwirklichter Umbaupläne wurde 1929/1930 unweit von der Alten Kirche die Neue Kirche (seit 1980 Kreuzkirche) im Stil des Neuen Bauens („Bauhaus-Stil“) errichtet und am 26. Oktober 1930 eingeweiht.

Architekt Paul Trüdinger hatte die Kirche sozusagen von innen nach außen, also von den Bedürfnissen an Gottesdienst und Gemeindearbeit her konzipiert:
Der Kirchenraum hat als Predigtkirche die Form einer Basilika (Verhältnis Länge zu Breite: 4 zu 3). Dank der modernen Stahlskelett-Konstruktion kann die ganze Breite des großen Kirchenraums, der 300 Sitzplätze bietet, stützenlos überbrückt werden. Ein durchgängiges Lichtband, im evangelischen Sinn mit Text (Epheser 4, 4+5) versehen, lässt die Decke schweben. In der Abschlussrundung, die von Trüdinger nicht als abgetrennter Chor verstanden wird, steht um drei flache Stufen erhöht rechts die Kanzel, die in den Gemeinderaum hineinragt, und auch Taufstein und Altar links sind nahe bei der Gemeinde, da die Sakramente Taufe und Abendmahl als besondere Form der Verkündung verstanden werden. Durch die halbkreisförmige Bank kann der Altarraum als Feierkirche benutzt werden.

 

 

Hinter dem großen Kreuz im Abschlussrund war bis in die 60er Jahre die Orgel – nur die Prospektpfeifen sind heute noch vorhanden.

Der Gemeindesaal kann durch eine stützenlose Türen-Faltwand dem Kirchenraum zugeschaltet werden. Der Turm wird durch drei übereinander liegende Turmzimmer genutzt, darüber liegt die Glockenstube.
Das Äußere der Kirche will laut Architekt Trüdinger „das getreue Abbild des Inneren sein, ohne Zutaten und falschen Schein.“

Die Kreuzkirche erschließt sich auf den ersten Blick durch die Raumerfahrung eines großen, hohen, unverstellten Kirchenraums. Bei Tageslicht ist es das Lichtband, das unmittelbar fasziniert. Auf den zweiten Blick sind in dem scheinbar kargen Raum viele Einzelheiten zu entdecken: Bauzeitliche Türklinken und Heizungsgitter, Opfer- und Schirmständer, Leuchten und Lieder-Ziffern. Immer wiederkehrende Formen: Kreuz und Kreis. Ruhe und Konzentration werden durch diese Einheitlichkeit gefördert: Das Kreuz: die Vertikale zwischen Himmel und Erde, Oben und Unten trifft und überschneidet sich mit der Horizontalen, die auf einer Ebene aus dem Unendlichen kommt und wieder ins Unendliche reicht. Im Kreuz Christi erhält dieses „Sich kreuzen“ neue Bedeutungsakzente: Gott hat sich in Jesus Christus auf diese Welt ganz, bis in Leiden und Tod, eingelassen – und dadurch ist den Menschen Gottes Welt neu erschlossen und eröffnet.
Der Kreis: Er ist Symbol des Vollkommenen, Geschlossenen, Ganzen. Er bildet den Erdkreis ab – aber auch das Universum und die Gestirne. Er grenzt „Innen“ von „Außen“ ab, geschützten von freiem Raum. Als Halbkreis öffnet sich der Schutzraum zum Freiraum füreinander. Die Kreuzkirche Hedelfingen ist beides – Schutzraum, umgrenzter Raum einer Kirche; und Freiraum, der uns einlädt, uns unsere eigenen Gedanken zu machen, unseren Blick zu heben in die Weite: zum Lichtband, zum großen Kreuz – und unseren Blick an Details aus der Nähe festzumachen und die Schönheit des Einfachen zu entdecken.


 


Kreuzkirche direkt nach Fertigstellung